Mittwoch um 8:30 Uhr im September. Ich bin gerade auf dem Weg in den 11. Bezirk. Mein Telefon klingelt. „Judith, kommst du schon? Die Kinder sind schon so aufgeregt!“ Oh, ich bin in der U-Bahn und gleich da. Ich kann es verstehen. Heute fahre ich mit einer Kindergartengruppe und mit Gourmet Kids auf Ausflug zu einem Erdäpfelbauern in Niederösterreich. Und jetzt muß ich gestehen: beim Erdäpfelbauern am Feld war ich selbst auch noch nie.
Mit Gourmet Kids beim BIO Bauern
Gourmet kocht für 2.700 Kindergärten und Schulen in ganz Österreich. In Wien unter anderem für die Kindergärten der Stadt Wien und den Großteil der Kinderfreunde Kindergärten. Jedes Jahr können zwei der Kindergartengruppen aus Wien, die von Gourmet Kids mit Essen beliefert werden, einen Ausflug zum BIO-Erdäpfelbauern gewinnen, der Gourmet mit lokal angebauten BIO Erdäpfel beliefert. Rund 80 Kindergärten haben sich diesmal beworben. Mit knapp 20 Kindern bin ich also heute unterwegs nach Hollabrunn zum Erdäpfelbauern.

Foto © Alek Kawka
Die Kinder sollen sehen, wo ihr Essen herkommt. Über den BIO-Anteil, der zum Beispiel beim Essen der Wiener Kindergärten der MA10 mindestens 50 Prozent beträgt, denken die Kinder natürlich nicht nach. Für sie ist es einfach cool, dass sie nach Erdäpfel graben können. Oder nach Pommes? Ha, es sind schon ein paar erstaunt, dass ihre Pommes zu Mittag einmal so runde, erdige Dinger waren.

Foto © Alek Kawka
Der Anteil an BIO-Zutaten ist wiederum eher Gourmet wichtig und natürlich den Eltern. Mit den 50 Prozent wurde eine recht hohe Vorgabe erreicht, die man beim selbst Kochen in der Kindergartenküche für einen für Eltern leistbaren Preis nur schwer toppen kann. Gourmet beliefert auch unseren Kindergarten. Gelegentlich blättere ich den Menüplan durch und freue mich über die enorme Vielfalt am Speiseplan. Die Hälfte der Hauptspeisen sind vegetarisch, mehr als zwei Drittel der Zutaten stammen aus Österreich und damit aus lokalem Anbau. Definitiv mehr als im österreichischen Durchschnittshaushalt mit mehreren Kindern leistbar ist. Ich kaufe viel BIO und beim Gärtner ein, aber nicht alles.
Schon mal auf einem Erdäpfelfeld gewesen?
Ich nicht. In Hollabrunn hüpfen die Kinder aufgeregt aus dem Bus. Wo ist das Feld? Wo sind die Erdäpfel. Halt, zuerst eine Begrüßung. Trinken, Jause, dann Kübel ausfassen. Jedes Kind bekommt einen eigenen Behälter und dann geht es ab auf‘s Feld. Eine ziemlich große Aufregung ist das, denn dort fährt gerade eine Erntemaschine seine Runden. So ein Teil hat noch kaum eines der Kindern schon aus der Nähe gesehen. Die Räder des Traktors sind mannshoch. Unvorstellbar, dass das früher alles von Hand geerntet werden musste. Wie abhängig wir doch heute von der Technik sind. Die benötigte Menge an Erdäpfel zu ernten, das wäre heute von Hand nicht mehr zu bewältigen. Sogar die mittelgroße Maschine braucht für ein halbes Feld einen Tag.

Foto © Alek Kawka
Ran ans Graben. Macht euch schmutzig!
Und dann geht es los. Da wo die Maschine noch nicht gegraben hat, gehen die Pädagoginnen mit dem Spaten ran. Hände und Knie werden schmutzig. Es macht so viel Spaß und die Kinder sammeln eifrig alles auf, was sie finden. Bereits angeknabberte Erdäpfel sollen sie den Mäusen lassen, zu trockene ebenfalls. Sie halten sich akribisch daran und schauen, ob es Mäuschen gibt, die sich die Erdäpfel holen (ohne Erfolg. Der Lärm, ihr versteht…) Es war ein enorm trockener und heißer Sommer, meint die Chefin. Leider ist die Ernte viel schlechter als in den Vorjahren. Für den Erdäpfelmarkt bedeutet das steigende Preise. Aber keine Sorge, euer Essensbeitrag im Kindergarten bleibt gleich.
Was macht denn Gemüse zu BIO Gemüse?
Wusstet ihr, dass in Österreich der Selbstversorgergrad an BIO Gemüse bei immerhin rund 61% liegt. Wir müssen also recht wenig BIO Gemüse aus dem Ausland zukaufen. Jedes Bundesland hat seine Anbauspezialitäten. Niederösterreich ist eigentlich für Zwiebel bekannt, aber heute geht es um Erdäpfel.

Foto © Alek Kawka
Weil BIO Gemüse aber nicht einfach nur Gemüse ist, sind hier noch ein paar Dinge zu beachten, die BIO Gemüse ausmachen.
Der Erzeugungsprozess bei BIO Gemüse beginnt bereits beim Saatgut. Die Samen für neue Pflanzen werden mit einem bestimmten Verfahren, der samenfesten Sortenzüchtung, gewonnen. Was daran vor allem wichtig ist, ist eine bereits bei der Züchtung die Berücksichtigung der lokalen klimatischen Bedingungen, Nährstoffeffizienz, Robustheit, Toleranz, Beikrautunterdrückung und viele andere Faktoren, die man beim normalen Anbau gegebenenfalls durch extern aufgetragene Mittel (also z.B. Einsatz von Chemikalien) unterstützt.
Vorrangig wird hier auch auf den Geschmack geachtet sowie sogenannte „alte Sorten“ gezüchtet, was bei herkömmlichen Anbau nicht der Fall ist.
Etwas, das Hobbygärtner vielleicht kennen, ist die Berücksichtigung der Fruchtfolge im BIO-Anbau. Einzelne Kulturarten werden hier nicht für den Ertrag optimiert, sondern erfüllen in ihrer Rotation im Anbau eine bestimmte Aufgabe. Das hat unter anderen auch den Grund, dass beim BIO-Anbau Fehler in der Fruchtfolge nicht durch Düngung und Chemieeinsatz richtig gestellt werden könnten. Vor allem Unkrautregulierung, Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit, Vorbeugung gegen Krankheiten, Schädlingsabwehr und Regulierung des Stickstoffgehalts sind die Hauptaufgaben einer optimalen Fruchtfolge.

Foto © Alek Kawka
Soviel zur Theorie. Fakt ist: der BIO-Anbau ist um einiges komplexer als er scheint und als wir im Allgemeinen wissen. Viele sehen BIO-Gemüse einfach romantisch zwischen grünen Wiesen fern von jedem Autoverkehr wachsen, was mit BIO aber nicht unbedingt etwas zu tun hat. So ganz offensichtlich ist es für Laien nicht, dass ein Feld ein BIO Feld ist. Es geht dabei vielmehr um ein komplexes System, das im Einklang mit altem Wissen Obst und Gemüse abseits vom Chemieeinsatz wachsen lässt, mit einem Fokus auf Qualität und Geschmack. (Wer von euch hat sich nicht schon mal über die geschmacklosen Tomaten und Gurken im Supermarktregal gewundert? Die waren recht sicher nicht BIO!)
Zurück auf‘s Feld
Nach einer Stunde haben die fleißigen Kindergartenkinder mehr Erdäpfel gesammelt, als sie tragen können. Sie haben nicht so viel Ahnung von BIO und finden es einfach so spannend, einmal ein Erdäpfelfeld anfassen zu können. Ich helfe mit, die Ernte zum Bus zu tragen. Jedes Kind nimmt sich einen Sack mit nach Hause (oh wie stolz sie darauf sind!). Auch im Kindergarten wird noch gemeinsam gekocht. Drei große Säcke, das gibt vielleicht Erdäpfelsalat? Oder Erdäpfelpüree? Auf jeden Fall schmeckt es selbst geerntet und gekocht sicher noch besser.

Foto © Alek Kawka
Ich habe meine Erdäpfel übrigens auch schon verkocht. Und ich sag euch was – ich weiß nicht, ob es an BIO oder an selbst geerntet liegt, aber sie waren sehr sehr lecker.
Anregung
Wenn ihr euch bei der Wahl des richtigen Kindergartens für euren Nachwuchs Gedanken über das Essen macht, achtet weniger auf „Selbstgekocht“ oder „Geliefert“, als darauf, was drin ist. Ich gebe zu bedenken: bei geliefertem Essen gibt es meist sehr strenge Qualitätskriterien, auf die beim selbst kochen oft nicht geachtet werden kann und muß. Vor allem preislich kann selbst kochen in relativ kleinen Mengen für kleine Kindergruppen oder Kindergärten meist den Anspruch BIO nur in geringem Ausmaß erfüllen, weil es einfach nicht leistbar ist. Bitte nehmt meine Worte nur als Anregung, denn das war etwas, was auch ich bedacht habe bei der Wahl damals. Nur weil „selbst gekocht“ draufsteht muß die Qualität und Vielfalt am Speiseplan nicht stimmen (das schreibe ich leider aus eher schlechter Erfahrung)
Weiterlesen: coole Food-Ideen am Gourmet Kids Blog
So machst du die Jause für Kinder spannend
PLUS: gesunde und kreative Jausenideen
Gemüsebällchen Rezept – sehr beliebt bei Kids
[…] Hands-on etwas lernen können. Mit Gourmet Kids gemeinsam war es ja bereits der zweite Ausflug, im Herbst durften wir alles über Bio-Erdäpfel lernen und wie Erdäpfel zu Bio Erdäpfel […]