Kinder können einfach so unglaublich langsam sein. Scheinbar provokant und lähmend langsam. Zäh-wie-Kaugummi-langsam. So unendlich langsam, dass ich mich am liebsten in eine Ecke setzten würde, um zu resignieren oder alternativ einstweilen ein Schläfchen zu halten. Ich übertreibe? Bestimmt nicht!

Entdeckung der LangsamkeitIch meine jetzt übrigens nicht den wundervollen Entdeckertrieb meiner Kinder. Den kann ich nachvollziehen. Ich finde zwar vielleicht nicht den fünften Grashalm von links im Garten faszinierend und beobachtens- und entdeckenswert aber dafür viele andere Dinge.

Nein, es geht um diese unendliche Langsamkeit, wenn gerade irgendetwas an der Situation nicht passt oder sich die Situation ändert (Schuhe anziehen und Rausgehen zum Beispiel), das kleine Fräulein unrund ist und alles einfach nur falsch ist, egal wie man es angeht. Ganz so wie ein vom Tag angepisster Erwachsener – nur um ein vielfaches potenziert. Als ob sie es zelebrieren würde diesen Moment ins Unendliche hinauszuzögern oder mich alternativ (oder zeitgleich) zur Weißglut zu treiben. Diesmal im Umfang von vollen 50 Minuten.

50 Minuten zelebrierte Langsamkeit

Fünf Minuten vor zwei stehe ich im Kindergarten und möchte das kleine Fräulein abholen. Alles paletti, so scheint es. Küsschen und ab zum Kasten. Aber dann geht es Schlag auf Schlag. Schuhe anziehen ist nicht angesagt. Schon gar nicht die Hausschuhe überhaupt ausziehen. Wie kann ich es nur wagen für sie die Kastentür aufzumachen? Böser Blick gefolgt von Drama-Gesichtsausdruck mit hinuntergezogenen Mundwinkel. Weil warumauchimmer. Dann wird erstmal alles aus dem Kasterl aus und wieder eingeräumt und seelenruhig sortiert, was wir heute mitnehmen sollen. Zehn Minuten später sind wir die einzigen in der Garderobe. In der Gruppe haben sie einstweilen schon ein gemeinsames Spiel angefangen. Hier läuft der Nachmittag. Bei uns nicht.

Feind 1: Die Schuhe

Zehn weitere Minuten später sind wir immer noch da. Immerhin mit schon einem Schuh am Bein. Für zehn Sekunden. Weil sie muß sich jetzt plötzlich kratzen. An der Fußsohle natürlich. Also wieder raus aus dem Schuh. Beim zweiten Versuch sitzt der Schuh leider nicht richtig. Nochmal raus. Beim dritten Mal ist ein imaginärer Felsbrocken drin. Der war riesig. Wirklich! Hab ihn genau gesehen. Und dann – es geschehen noch Wunder – hat sie nach insgesamt 30 Minuten EINEN Schuh an. Der zweite geht schneller. Dann müssen die Riemen aber noch mehrmals nachgezogen werden. So fest, dass der rechte Schuh nun weh tut. Ihr ahnt es schon – einmal darf er noch runter. Aber dann ist es wirklich geschafft. Ich soll die Masche binden. Schuhe anziehen schlaucht nämlich, da kann man das nicht mehr.

Feind 2: Der Mantel

Ich bin so erleichtert, dass ich der kleinen Schwester schon mal die Jacke anziehe. Immerhin ist das Verlassen des Kindergartens in greifbare Nähe gerückt. Aber: es fehlt ja noch der Mantel. Ja der Mantel. Der hat uns noch einmal 18 Minuten gekostet. Denn der ist besonders gemein. Die Ärmel vom Mantel sind nämlich um ca. einen halben Zentimeter kürzer als die vom Kleid. Ich sags euch, dieser Umstand hat Schmerzen verursacht, die waren richtig schlimm. Da sind Tränchen gekullert, weil diese Ärmel einfach nicht unter dem Mantel bleiben wollten. Riesige Krokodilstränen. Ich hab den Mantel gerade noch vor der Mülltonne gerettet, nachdem er mehrmals an- und wieder ausgezogen werden musste. Ich musste ihr versprechen, wir fahren supermegaturboschnell (O-Ton) nach Hause, damit sie den Mantel rasch wieder ausziehen kann. Gegen die Schmerzen und die aufkeimende Müdigkeit habe ich sie mit ihrem kuscheligen Bett und einem Hörspiel bestochen.

Währenddessen habe ich mehrmals überlegt, ob ich mich nicht einfach vor dem Mattenraum auf eine Matte setzen und resignieren oder gleich ein Schläfchen halten soll. Ich habe in 50 Minuten gefühlte 1.000 Mal „… deine Schuhe“ und „anziehen“ in verschiedensten Kombinationen von mir gegeben und die ganze Bandbreite von „bitte“ über „ich möchte“ bis hin zu „du sollst“ oder einfach nur „deine Schuhe …“ ausgespielt. „Zieh jetzt deine scheiß Schuhe an“, habe ich mir gespart, weil unpassende Wortwahl und bringt eh nichts. Ab Minute 30 wäre mir aber danach gewesen.

Haben eure Kinder auch manchmal Schwierigkeiten mit Situationswechsel? Wie geht ihr damit um?