Ich habe beide Mädchen von Anfang an getragen. Das kleine Fräulein mochte den Kinderwagen gern, ihre kleine Schwester aber so gar nicht. Tragen ist und war immer etwas besonderes für uns. Ich muss gestehen, ich habe sie sogar lieber selbst getragen, als den Papa ran zu lassen und das ist immer noch so.
Das ganz kleine Fräulein mochte den Kinderwagen leider gar nicht. Egal welchen übrigens, das hatte gar nichts mit dem Modell zu tun – ich habe verschiedene probiert. Sie war ein Tragling und wollte am liebsten immer getragen werden. Zu Hause, draussen, beim Schlafen, beim Essen …
Für sie habe ich mir auch zusätzlich zur bereits vorhandenen Babytrage gleich nach der Geburt ein Tragetuch gekauft und habe sie nur noch selten abgelegt. Tragen hat geholfen. Gegen einfach alles. Schmerzen, Müdigkeit, Aufregung oder Angst. Tragend hat sie geschlafen, im Kinderwagen nie oder nur selten. Auf meinem Bauch oder später am Rücken hat sie sich wohl gefühlt und hatte die beste Aussicht.
Mancher hat sich schon gefragt, ob wir zusammengewachsen wären. Dann gab es die, die meinten, sie lässt sich noch in der Volksschule von mir tragen. Die wird nicht gehen wollen und so weiter. Komischerweise ging sie mit elf Monaten schon, früher noch als ihre Schwester, die ich deutlich weniger getragen habe.
Das ganz kleine Fräulein ist nun zweieinhalb Jahre alt, 17 Kilo schwer und einen Meter hoch. Ich trage sie immer noch. Nicht regelmäßig und auch nicht mehr im Tragetuch sondern nur noch in der Komforttrage (Ergobaby Adapt übrigens, von der ich sehr überzeugt bin). Ich trage sie aus so vielen Gründen. Wenn sie müde ist, wenn sie kuscheln möchte, wenn sie traurig ist oder einfach, um zu genießen, dass wir kuscheln können. Ich trage sie weil ich weiß, diese Zeit wird vorbei gehen. Irgendwann (bald) ist sie sowieso zu groß dafür. Sie wird mir zu schwer sein und nicht mehr in die Trage passen. Diese Zeit geht auch vorbei, weil sie vielleicht nicht mehr so gekuschelt und geknuddelt werden möchte (Peinlich, Mama!). Die Zeit, die wir haben, die sie so klein sind und uns so sehr brauchen ist so unendlich kurz und deshalb genieße ich die Augenblicke in denen sie kommt und zu mir hoch möchte.
All die Dinge, die wir als Eltern kleiner Kinder erleben dürfen, haben ein zeitliches Ablaufdatum. Babys werden Kinder, Kinder werden Jugendliche und diese zu Erwachsenen. Sie wollen nicht ewig getragen werden und kuscheln, sie drücken sich nicht mehr an dich und suchen deine Nähe. Aber sie wollen es JETZT!
Keine Sorge, mein Kind wird in der Volksschule nicht mehr in seiner Trage sitzen wollen. Das ist dann nämlich bestimmt P E I N L I C H. Aber jetzt möchte sie das. Jetzt darf sie das. Es wird ihr nicht schaden. Wir dürfen genießen.
Wie ist/war das bei euch. Habt ihr eure Kinder getragen? Wenn ja, wie? Und wie lange? Ich freue mich auf eure Erfahrungen.
Weiterlesen
Zum Thema Tragen könnte euch auch das interessieren …
Warum auch Papas öfter Tragen sollten: Interview mit Trageberater Gunter
Wie finde ich die richtige Tragehilfe? Ein kleiner Tragehilfen-Guide mit praktischen Links
Die Ergobaby Adapt Trage im Test
Hallo!
Mein Sohn ist ebenfalls ein Tragebaby…, jetzt Tragekleinkind…! Und ich, ich bin eine Tragemama und das von ganzem Herzen…! ❤
Ich kann mich noch daran erinnern, als ich mir ca. drei Wochen nach meinem Kaiserschnitt endlich zutraute den kleinen Mann ins dehnbare Tragetuch zu binden! Zuerst fand ich das Binden kompliziert, aber es kehrte Routine ein. Mein Zwerg wurde fortan täglich getragen, da ich so beide Hände mal frei hatte… Zwischen vier Wochen und viereinhalb Monate hatte er mit Choliken zu kämpfen – es half stillen und TRAGEN! Auch danach, weil er den Kinderwagen ebenfalls nicht jedes Mal annahm nutzte ich das Tragetuch und später (bis jetzt) eine Manducatrage auch um Walken zu gehen und bis heute (Philly ist jetzt 11 Monate alt) fürs Kangatraining!
Ich möchte jetzt nicht lügen: Es war auch eine sehr anstrengende und kräftrzährende Zeit, als ich unseren größten Schatz fast 24 Stunden auf mir hatte, es ist aber auch die schönste Zeit in meinem Leben!
Liebe Margit,
es ist so schön, das zu lesen! Ja, das Binden war am Anfang mühsam (kompliziert würde ich nicht unbedingt sagen), einfach weil es so viel Stoff war, aber ich finde auch, es hat sich ausgezahlt. Ich habe nicht so sehr das Tragen als anstrengend und kräftezehrend empfunden sondern eher das Schreien .. also die permanent anhaltende enorme Lautstärke. Also bei meiener Großen das Schreien (weil sie einfach wirklich viel geschrien hat wegen der Choliken) und bei der Kleinen dann wiederum das Schreien der Großen, weil sie so eifersüchtig war. Aber es hat sich auf jeden Fall ausgezahlt und ich muß sagen, es war trotzdem entspannend (warmes, kuscheliges, ruhig atmendes Baby auf der Brust … <3) Vor allem weiß man, die Kleinen sind beim Tragen genau am richtigen Fleck. Ein Kinderwagen ist ohne Zweifel sehr praktisch und ich habe unseren geliebt, aber wenn das Kind sich schreiend weigert darin zu liegen oder sitzen, ... tja. Und das ist immer noch so. Also ruhig weitertragen so lange man es jkann/schafft/möchte. Ich und sicher ganz viele ander Tragemamas/papas können bestätigen, dass sich das kaum auf die Mobilität auswirken wird und auch nicht zu Trennungsschwierigkeiten führen wird (zB im Kindergarten oder wenn Mama mal zwei Tage dienstlich weg ist)... <3
Liebe Grüße,
Judith
Oh wie schön geschrieben! Ich habe auch zwei Traglinge. Die große wird nächste Woche 6 und ich hab sie bis etwa 2 1/2 Jahre in den Schlaf getragen
Meine kleine Maus ist erst 8 Monate- ich hoff es geht noch lange…. 🙂
Bestimmt!!! <3 😉
Liebe Judith,
ich verfolge deinen Blog seit der Geburt meiner Tochter sehr genau 😉 und freue mich immer über deine neuen Beiträge
Meine Tochter mag den Kinderwagen zwar sehr gerne, aber sie und auch ich genießen es wenn sie getragen wird. Ich nutze eine Manduca Trage und trage meine Maus (15 Monate) jetzt auch noch gerne herum wenn wir kurze Wege haben oder bei meinen Sport EInheiten (Nordic Walking oder Kangatraining)
Hoffe das bleibt mir noch länger erhalten weil es auch sehr praktisch ist..
Schönen Abend noch!
LG Michaela
Liebe Michaela,
ich glaube, wenn man regelmäßig trägt, kann man recht lange tragen. Unser Rücken ist die Belastung dann gewöhnt und baut entsprechende Muskelgruppen stärker auf. Bei mir hat mir ja nun leider der wachsende Bauch einen Strich durch die Rechnung gemacht. Vor zwei Wochen habe ich sie wirklich das letzte Mal für eine Weile in der Trage gehabt. Jetzt ist sie mir zu schwer. Aber ok, sie ist auch wirklich sehr groß und schwer. BEi 15 Monaten hast du siche rnoch ganz viel Zeit 😉
Alles Liebe, Judith
Liebe Judith,
ich finde es SEHR FEIN, wie und dass Du über das tragen von Deinen töchtern so positiv schreibst: denn Du gibst ihnen mit dem tragen die beste grundlage für ein gelingendes leben: SICHERHEIT und GEBORGENHEIT auf dieser erde.
ich bin psychotherapeutin, eine generation älter als Du und erfahre bei der arbeit mit meinen klientInnen immer wieder, dass instabilität im leben, in welcher dramatischen (bsp. panikattacken) oder weniger dramatischen (bsp. permanente unzufriedenheit) form sie sich auch äußert, auf eine kindheit zurückzuführen ist, in der wahrgenommenwerden und aufgehobensein zuwenig erlebt wurde und das sind „ganz normale“, oft als schön bezeichnete kindheiten ohne gewalt, emotionaler kälte oder missbrauch. durch das viele tragen wird die gebrauchte geborgenheit und sicherheit vermittelt und solche in der kindheit sicher gebundene (das tragetuch wird gebunden und man wird getragen – in den worten kann man schon die auswirkung erkennen) menschen, die sich verbunden und getragen fühlen, können auch mit belastungen im leben viel besser umgehen.
zudem ist es vielleicht auch gut sich bewusst zu machen, dass wir menschen die einzigen „säugetiere“ sind, deren kinder nicht bald nach geburt gehen und sich somit selbständig muttermilch und körperliche nähe holen können. insofern sich wir alle frühgeburten und das ideal für die körperliche und emotionale entwicklung wäre, wenn babys das ganze 1. lebensjahr am körper getragen werden und damit viel körperkontakt bekommen.
ich hoffe, dass Du mit Deinen erfahrungen sehr viele Mamas und Papas (und Omas und Opas und auch alle anderen, die mit kleinen kindern zu tun haben) erreichst und ermutigst, denn ich bin überzeugt, dass menschen mit dieser sicheren grunderfahrung viel positives in die welt bringen werden.
herzliche grüße
Christa
Liebe Christa,
vielen Dank für deinen Kommentar. Ich glaube einfach, in der Generation meiner Eltern war Tragen schlichtweg unüblich. Meine Mutter fand es zu beginn auch etwas befremdlich, dass ich meine jüngere Tochter so viel und so lange getragen habe. Ich bin zwar nicht Psychologin oder Therapeutin aber ich vermute, viele Menschen haben solche „Spätfolgen“ unterschiedlich stark ausgeprägt. Früher war der ganze Apparat „Erziehung“ und „Kinder groß ziehen“ etwas, das von Eltern zu den Kindern weitergegeben wurde. Andere Vorbilder habe es nicht. Erst in unserem Informationszeitalter schaffen wir es über unterschiedliche Quellen an viele andere Informationen heranzukommen und uns von den Vorbildern unserer Eltern ein wenig zu lösen. Ja, ich hoffe auch, ich erreiche damit viele Eltern. Ich weiß, wie schwer es oft ist, sich einerseits der Meinung der älteren Generation zu stellen und mein eigenes Ding zu machen. Ich habe schon über viele Dinge mit meiner Mama diskutiert, für die sie keinerlei Verständnis zeigt oder es aufgrund der ihr bislang zur Verfügung stehenden Erfahrung und Information auch gar nicht kann oder will. Es ist nicht so einfach, sich dagegen gedanklich zu „wehren“ und sein eigenes Ding durchzuziehen – immerhin beeinflussen einen die Eltern bis ins Erwachsenenalter stärker als man wahr haben will. Die wichtigste Botschaft wäre vermutlich: hört auf euer Bauchgefühl. Das sagt oft das richtige!
Alles Liebe,
Judith
Vielen dank für deinen liebevoll geschrieben Artikel über das Tragen.
Meine Tochter ist jetzt 3 Monate alt und ich trage sie seit Geburt täglich.
Nicht nur weil wir mit unserem Hund über Felder, Stock und Stein marschieren ( mit Kinderwagen unmöglich) sondern auch weil ich das Gefühl Liebe, Sie ganz nah bei mir zu haben , Sie sicher und Geborgen an meiner Brust zu Tragen.
Oft wurde ich angesprochen von anderen Müttern ob das denn gesund sei und die kleine Luft bekommt…
Seltsam das etwas so natürliches und wundervolles nicht selbstverständlich ist..
Wie gut es ihr geht spüre ich jeden Tag , ich weiß das ich ihr damit etwas wertvolles geben kann und irgendwann wird sie selber laufen und die Welt erkunden aber jetzt erstmal werde ich noch die wertvolle Zeit genießen, solange sie nah bei mir angekuschelt ist.
Alles Liebe und gute für dich und deine Kinder, mach weiter so !!
Liebe Mariam,
danke für deinen Kommentar! Ja, leider bekommt man oft „blöde“ Bemerkungen. Aber mittlerweile weiß ich: da muß man drüber stehen. Und die Menschen fühlen sich sowieso immer bemüßigt, ihren Senf dazu zu geben – egal, ob sie sich auskennen oder nicht. Ich finde Tragen wundervoll und auch unsere dritte Tochter wird wohl wieder so lange getragen, wie ich es schaffe.
Alles Liebe,
Judith
Hallo!
Im Gegensatz zu vielen anderen Kommentarschreiber-innen wollte mein Großer (inzwischen 4) nie getragen werden. Also nicht im Tuch, nicht in einer Tragehilfe, nicht im Babybjörn oder sonst wo. Auf dem Arm, ja. Aber sobald er nur ein Tragetuch sah, fing er an zu brüllen – deshalb habe ich nach sechs Wochen Tragefrust (inkl. drei verschiedenen Trageberaterinnen) aufgegeben. Und tadaaaa – Kind hat im Kinderwagen geschlafen.
Ich musste mir oft anhören, dass Tragen doch so wichtig wie Stillen ist (was ich auch nicht getan habe, ich Rabenmutter) und dass man jedes Kind tragen kann. Aber ich wollte weder mir noch unserem Gummibärchen den Stress antun und was kann ich rückwirkend sagen?
Kind lief mit 10,5 Monaten, ist heute noch verschmust und hat keine Bindungsstörung – was mir prophezeit hat, da ich weder getragen noch gestillt habe.
Vielleicht wird ja Kind Nr. 2 ein Tragling. Versuchen werden wir’s jedenfalls. Aber nicht um alles auf der Welt.
Liebe Jule,
ich finde es wunderbar – damit hat er sein bevorzugtes Transportmittel gefunden 😉 Ich kann dir versprechen, von mir wirst du das sicher niemals hören – ich bin die letzte, die Bindungsstörungen prophezeien würde, wenn ein Kind nicht getragen wird (das gleiche gilt auch für das Stillen!). Für mich ist Tragen wichtig, deshalb muß es das nicht für andere sein. Unsere älteste wohnte auch fast in ihrem Kinderwagen. Zwischendurch durfte ich sie gelegentlich tragen 😉
Wenn du gerne tragen möchtest, vielleicht mag Nummer 2 es dann ja auch. Und wenn nicht, wird es sich anders seine Nähe zu dir suchen, da bin ich mir sicher!
Alles Liebe,
Judith
So, inzwischen ist Baby Nr. 2 6 Monate und – tadaaa! Ein Tragling! Von Anfang an.
Und ja, ich trage ihn gern.