Manche nennen es Erziehungsfreiheit, Begleiten, Erziehung auf Augenhöhe, Artgerecht, Attatchment Parenting oder auch Unerzogen. All das fügt sich egal wie man es nennt zusammen in ein friedvolles, gewaltfreies und selbstbestimmtes Zusammenleben als Familie. All das ist der Grundstock dafür, unseren Kindern all das Werkzeug mitzugeben, das sie starken Erwachsenen machen kann.

Kinder sind so wunderbar anpassungsfähig. Sie lieben uns bedingungslos. Kinder verdrehen sich mehr als Erwachsene für andere Menschen, um es ihren Eltern recht zu machen. Wir sind ihr sicherer Hafen, wo sie sein dürfen, wer sie sind, wo sie geliebt werden wie sie sind. Wir leben in einer Gesellschaft, in der es nicht unbedingt gesellschaftsfähig ist, starke Gefühle zu zeigen oder sich abseits der Norm zu bewegen. Positive Gefühle noch eher als negative, aber sind wir mal ehrlich: auch ein Erwachsener, der mitten auf der Straße vor Freude wie ein Kind Luftsprünge macht und laut schreit wird als verrückt abgestempelt. Würde er laut und verzweifelt weinen, wär’s ganz vorbei mit dem Fremdbild. Und weil wir nun mal Erwachsene sind, die sich nach gesellschaftlichen Normen orientieren, tun wir das eben einfach nicht. Ob uns danach ist oder nicht.

Resilienz

Ganz große Gefühle. Darf man das?

Sind unsere Kinder lautstark fröhlich, wütend oder vielleicht tieftraurig, hören sie häufig, dass man das so nicht macht. Ganz egal in welchem Alter. Egal wie sie sich fühlen und ob es vielleicht dringen nötig wäre, mal laut zu schreien.

Von ganz großen Gefühlen spricht man im Hollywood Kino, wenn die Massen im Kinosaal sitzen und beim Untergang der Titanic Rotz und Wasser heulen. Unsere Spiegelneuronen leisten dabei volle Arbeit. Gott, ist das traurig! Wir fühlen die Menschen sterben, ihr ganzer Schmerz überschwemmt uns. Im Kino, da darf man das. Wer bei Titanic keine feuchten Augen bekommt, der ist den Menschen sogar nicht geheuer. Stell dich nun bitte mal mitten auf die Einkaufsstraße und heul drauf los. Darf man das?

Stell dir also mal vor, dein Kind treibt dich gerade in den Wahnsinn. Vermutlich zum x-ten Mal diese Woche. Weil es gerade wieder einen Blackout hat, weil du ihm die rosa Socken gegeben hast statt der grünen. Du hast keine Zeit  für diesen Mist, eigentlich hast du einen Termin. Gott, ist das nervig. JA DAS NERVT!

Mann, jetzt hat das Kind aber ein Problem mit dir, denkst du! Du hast es eilig, dir läuft die Zeit davon. Und in zehn Sekunden oder weniger schmeißt du deine Nerven weg und wirst es anmotzen. Was du nicht siehst: eigentlich hast du ein Problem, nicht das Kind. Das Kind nimmt es gar nicht als Problem war, dass dich die Sache mit den Socken so nervt – zumindest so lange du es noch nicht angebrüllt hast. Das kann es gar nicht, denn vermutlich ist es im Beispiel mit den Socken ungefähr zwei bis fünf Jahre alt und steckt mitten in der Autonomiephase.

Überwiegend glaube ich übrigens man nervt sich selbst damit, dass man so genervt ist. Ich zumindest.

Geduld. Hast du schon geübt?

Resilienz

Sieh deine Geduld als einen Muskel, den du trainieren mußt. Wenn du übst, wird er kräftiger und widerstandsfähiger. Das ist wie wenn du Yoga machst und feststellst, wie viele Muskel sich sagen wir mal rund um deinen Beckenboden befinden, die du früher nie wahrgenommen hast und jetzt einzeln anspannen kannst.

Weißt du, was das beste ist? Wenn du nicht motzt sondern statt dessen durchatmest und sagst:“Du bist wütend, ich verstehe dich. Du wolltest die grünen Socken. Die sind aber in der Wäsche, deshalb hab ich dir die rosa Socken gegeben …“ könnte es sein, dass die ganze Geschichte sogar schneller erledigt ist, als du denkst. Du gehst in Kontakt, zeigst Mitgefühl und Verständnis und genau das ist es, was dein Kind JETZT GERADE braucht. Außerdem – haha – zeigst du ihm eine Möglichkeit der Reaktion auf sein Verhalten (du Vorbild!) und ich schwöre (und es ist wissenschaftlich erwiesen natürlich…), Kinder reagieren als Erwachsene sehr oft so wie es ihnen widerfahren ist als Kind. Du schenkst ihnen mit dem bisschen Geduld, das du gerade aus dir rausgequetscht hast so viel auf einmal.

Begleiten ist übrigens, wie ich finde, eine schöne begriffliche Alternative zu Erziehung. Wir sind unseren Kindern eine Art Wegbegleiter. Wir sind die Männchen, die am Leuchtturm stehen und mit einer riesigen Taschenlampe den Weg leuchten und Schutz bieten, wenn er gebraucht wird. Das Hinterfragen und Durchlöchern von althergebrachten Erziehungsdogmen, deren Sinnhaftigkeit die Forschung auf mehreren Gebieten nicht erst heute widerlegen kann. Erziehungsdogmen, die sich in unserer Gesellschaft aber halten wie Honig an der Bärentatze, weil viele Eltern sie in ihrer Kindheit genau so aufgestempelt bekommen haben.

Safety first! Nicht auf deinen Rettungsring vergessen!

All das bedeutet, deinem Kind ein sicherer Hafen zu sein, ihm positiv zu begegnen und es anzunehmen, wie es ist UND ihm das auch zu sagen und zeigen! Es bedeutet nicht, immer mit allem einverstanden oder gleicher Meinung zu sein, das wär dann die rosa Zuckerwattewelt. #wirsindauchnurmenschen Es bedeutet auch nicht, dass du ein Roboter bist, der sich niemals zum Motzen hinreißen lässt. Das schafft niemand. Und es bedeutet nicht, deine eigenen Bedürfnisse zu ignorieren. Im Übrigens sind wir sowieso nur dann fähig geduldig und liebevoll begleitend zu sein, wenn unsere eigenen Bedürfnisse ausreichend erfüllt sind. Metaphorisch gesprochen: bist du bereits am ertrinken, tust du dir schwer, auch dein Kind noch mit an Land zu ziehen. Also schau am besten rechtzeitig, dass du nicht in diese Situation kommst.

Resilienz

Das wichtigste bei all dem ist das rarste Gut unserer Gesellschaft: Zeit! Nimm dir die Zeit, deinem Kind zuzuhören. Kinder versuchen, ihr „Leid“ in solchen Situationen zu kommunizieren. Leider sind Erwachsene bloß sehr schnell dabei, ihnen das Wort abzuschneiden und A) Schlußfolgerungen zu ziehen oder B) gleich Lösungen anzubieten. Letzteres brauchen Kinder gar nicht unbedingt. Nicht jedes „Ding“ braucht eine Lösung. Manchmal brauchen sie nur Verständnis und Mitgefühl. Ganz häufig bieten sie nach dem ersten ruhigen Atemzug die Lösung selbst an.

Die Geschichte mit den Socken war übrigens eine reale. Nur waren es Socken mit einem bestimmten Muster. Wisst ihr, was sie dann gesagt hat? „Ok Mama, dann gib mir die anderen. Ich ziehe die rosa Socken an, wenn sie wieder sauber sind.“

Ich weiß, viele Menschen stehen dem Fehlen der klassischen Erziehungsmethoden kritisch gegenüber. Sie würden sagen: „Verdammt noch mal, du ziehst jetzt diese Socken an, oder … (was auch immer)“. Mal ehrlich: du hast das bestimmt schon mal versucht. Hat es tatsächlich geholfen? Oder war es eher ein Monolog? … Wir sind auch nur Kinder unserer Zeit und geprägt von all den Dingen, die wir erfahren haben, bevor aus uns die Eltern wurden, die wir jetzt sind. Deshalb bedeutet für viele von uns, unseren Kindern Widerstandskraft mitzugeben, sie selbst zu erlernen und zu üben, üben und immer wieder üben. Mit jedem Kind werden auch neue Eltern geboren. Und nein, es wird nicht einfacher, eher komplexer mit der Zeit und mit jedem weiteren Kind. Darauf bereitet uns keiner vor.

Resilienz. Wir müssen unseren Kindern große Gefühle vorleben, damit sie sie verstehen.Damit sie selbst damit umgehen lernen. So geben wir ihnen Widerstandskraft fürs Leben mit, wir stärken sie nachhaltig. Resilienz. #resilience #resilienz #mamablog #mamablogger #erziehung #aufwachsen #erziehungsfrei #artgerecht