Es war einmal ein Einzelkind. Monate nach der Geburt hat sich alles endlich wunderbar eingespielt, es flutscht der Familienalltag sozusagen. Und plötzlich bist du wieder schwanger. Und nun? Wie sag ich es dem ältesten Kind, wie wird es reagieren?

Familienzuwachs ist immer eine Herausforderung, schon ab den ersten Schwangerschaftssymptomen. Das ist nicht so negativ gemeint, wie es klingt, aber bei mir war es so. Ich hatte immer mehr oder weniger problemlose Schwangerschaften und trotzdem war es schlicht und einfach anstrengend. Ich war in den ersten Wochen (und Monate) dauermüde. Wie ein Stein. Die Couch war meine beste Freundin und ich gestehe, es war für mich definitiv eine Erleichterung, dass unsere älteste während meiner zweiten Schwangerschaft bereits im Kindergarten war.

Geschwister

Die Tage sagen ungefähr so aus: Aufstehen, Tochter in den Kindergarten bringen, nach Hause kommen, kurz arbeiten, langer Mittagsschlaf, Tochter abholen und dann möglichst unterwegs sein, denn zu Hause war ich einfach immer viel zu müde. Ich bin sogar das eine oder andere Mal im Kinderzimmer am Boden liegend neben der Tochter eingeschlafen. Am Parkettboden, ohne Polster.

Ich denke mittlerweile, da geht es kaum einer werdenden Mama anders. Bloß dass man beim Erstgeborenen noch mehr Zeit hat, sich auf sich selbst und seine Bedürfnisse zu konzentrieren. Die Hormone spielen verrückt, die Geduld ist angespannter als sonst und sehr oft sehnt man einfach das Ende des Tages herbei. Mit schlechtem Gewissen natürlich, weil man sich nicht auf sein Kind konzentrieren konnte und außerdem hat man dem eigenen Körper meist nicht gegönnt, was er verlangt. Nicht, dass ich die Zeit mit der Tochter nicht genossen hätte, wäre da nicht diese bleierne Müdigkeit gewesen und Anfang des Winters eine Rippenfellentzündung, die ich einfach nur unterschätzt und viel zu lange ignoriert habe.

Wieder schwanger: wann sag ich es dem ältesten Kind?

Wann du es deinem Kind erzählst ist eine gute Frage, die man nicht einfach beantworten kann. Schwangerschaften verlaufen so unterschiedlich. Während man bei manchen Frauen den Bauch sehr lange nicht bemerkt und es ihnen gut geht bringt der schnell wachsende Bauch bei anderen Schwangeren sehr bald Fragen mit sich. Wieso wird Mama so dick? Wieso ist sie so oft so müde? (ist sie krank?) Weshalb so gereizt? Wir haben es unserer Tochter erzählt, als man den Bauch schon eindeutig sehen konnte. Dass ich damals zu Beginn lange krank war stand in keinem Zusammenhang zur Schwangerschaft und ich gestehe, ich habe sogar noch einmal 5 Kilo abgenommen, weil es mir so schlecht ging. Ich war sehr beschäftigt mit mir selbst. Sie musste außer mit der dauermüden Mama auch nicht wirklich Abstriche machen. Ich konnte sie noch lange tragen und mit ihr mithalten. Ich war also glaube ich schon ca. im sechsten oder siebenten Monat, als wir damit begonnen haben, sie darauf vorzubereiten und ihr langsam zu erklären, was auf sie zukommt.

Beim dritten Mal  war es völlig anders. Beide Mädels waren schon etwas älter, beide wussten ungefähr, dass Babys aus den Bäuchen kommen und dass der Bauch wächst, wenn man schwanger ist und ein Geschwisterchen kommt. Auch deshalb, weil es natürlich im Kindergarten bei anderen immer wieder Geschwisterkinder gibt und das stolz allen erzählt wird.

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Entwarnung: du wirst deine Liebe nicht aufteilen müssen …

Wenn ein Baby kommt, hat Mama plötzlich weniger Zeit für das ältere Kind. Das ist so und es ist völlig natürlich. Keine Mama muß deshalb ein schlechtes Gewissen haben. Wichtig ist deshalb, dass man das ältere Kind bereits vor der Geburt darauf vorbereitet, dass bald auch ein Baby hier wohnen wird. Dass ein Baby sehr viel von Mamas Aufmerksamkeit brauchen wird und dass man das ältere Kind natürlich trotzdem genauso liebt. Übrigens keine Angst, aus Erfahrung kann ich sagen: deine Liebe muß nicht aufgeteilt werden. Deine Liebe wird einfach wachsen und es wird genug für alle da sein. 

Einerseits ist es wichtig, das mit deinem Kind vorher zu besprechen, auch wenn es noch sehr klein ist. Bilderbücher können helfen zu verdeutlichen, weshalb das Baby so viel Zeit und Nähe braucht. Hier sind die Papas gefragt. Wenn Mama gerade nicht kann, kann schließlich auch der Papa Kuscheln und Liebe geben. Häufig schafft das eine ganz neue Beziehung zu Vätern.

Eifersucht? Unsere Geschichte.

Ich habe vor einer Weile in meiner dritten Schwangerschaft auf einem Blog die romantische Vorstellung über das Leben mit dem zweiten Baby gelesen (ich weiß leider nicht mehr wo). Das ältere Kind sitzt hier in der romantischen Vorstellung neben Mama und spielt zufrieden während die Mama das Baby stillt. Jaaaaa, was soll ich sagen. Ich habe nicht verfolgt, ob es dann tatsächlich so eintraf bei dieser Mama. Bei uns auf jeden Fall nicht.

Wir hatten hier Enttrohnungs-Szenarien erster Klasse und ich gestehe, ich war damals einfach nur überfordert damit. Bei der letzten Instagram Live Session hat eine Mama gefragt, was härter war: von NULL auf EIN Kind oder von EINEM auf ZWEI? Bei mir letzteres. Mit meiner Erfahrung heute wüsste ich mir vielleicht besser zu helfen oder es würde gar nicht erst zur „Eskalation“ kommen, aber selbst das Wissen, wie man reagieren könnte garantiert ja auch nicht, dass man in solchen angespannten Situationen das richtige tut.

Das Baby war gerade (glaube ich) vier Wochen alt. Ich bin alleine zu Hause und möchte die Kinder ins Bett bringen. Zuerst die ältere Tochter, dann das Baby in den Schlaf stillend. Beides gleichzeitig hat aus verschiedenen Gründen nie gut funktioniert. Also schwupps Vorlesen, Kuscheln, Vorlesen, Kuscheln, Küsschen, zudecken und ein „Ich bringe deine Schwester noch ins Bett und komme dann wieder.“ Ich sitze also und stille das Baby als ihre ältere Schwester zur Tür kommt. „Mamaaaaa!“ „Moment, ich komme gleich, ich lege deine Schwester nur ab“ .“MAMAAAAAA!“ (lauter). „Ja, Schatz, Moment, bin gleich da!“ Sie brüllt ins Zimmer, dass es hallt „MAMAAAAAAAA!“ und fängt an zu kreischen. Tja, das wars. Baby wieder wach und weint, weil es so laut war. Das ganze hat länger gedauert, das war ein Ausschnitt. Es hat sich auch wöchentlich wiederholt für eine Weile. Ich war fertig mit den Nerven. Ich hatte teilweise richtig Angst, die beiden alleine ins Bett bringen zu müssen, weil diese Auseinandersetzungen einfach wirklich anstrengend waren. Mir war klar, weshalb sie es tat, aber ich wusste in dem Moment in dem sie es tat keinen Ausweg, weil sie sich nicht beruhigen ließ. Ich unterstellte ihr Absicht und habe laut geschimpft, was natürlich in gewisser Weise stimmte, auch wenn diese Absicht eine völlig natürliche Reaktion darauf war, dass sie nach Nähe und Aufmerksamkeit suchte. Ich habe sie damals im Affekt auch mal angebrüllt, dass die Wände gewackelt haben. Hilflos und ratlos.

Ja, ich würde heute sehr sicher anders reagieren. Ein weiteres Kind später und durch mehr Erfahrung sowie durch die Ausbildung einfach mit sehr viel mehr Wissen ausgestattet, wie es zu solchen Reaktionen kommt, wie ich besser kommunizieren kann und wie ich mich persönlich besser runterbringe um ruhiger reagieren zu können. Aber damals war es einfach so und ich hätte alles gegeben, wenn ich ein Flüsterengerl auf der Schulter hätte sitzen gehabt, dass mir sagt: durchatmen, runterkommen, dann erst reagieren.

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Wie kann sich Eifersucht noch äußern?

Es ist das gute Recht des älteren Kindes eifersüchtig zu sein, das dürfen wir nicht vergessen. Nein, Mama wird ihm nicht weggenommen, aber es spürt natürlich trotzdem einen Verlust. Das Erstgeborene war lange Zeit das nahezu einzig wichtige im Leben der Mama, bevor das Geschwisterkind kam. Und nun muß es teilen. Mehr sogar. Manche Kinder schlagen oder schubbsen das Geschwisterkind vielleicht, nehmen ihm Dinge weg, schlagen die Eltern, beginnen zu beißen oder vielleicht braucht es je nach Typ einfach nur wieder einen Schnuller oder andere Dinge, an denen es sich festhalten kann. Einfach nur deshalb, weil es seine Gefühle noch nicht anders ausdrücken kann, weil es die Ankunft des neuen Familienmitgliedes und der neuen Situation verarbeiten muß. Es wird wie auch beim ersten Mal eine Weile dauern, bis sich alles eingespielt hat, bloß ist das ältere Kind diesmal ein aktiver Teil von diesem System. Gestehen wir ihm doch zu, sich zu finden und seine Situation für sich selbst neu zu definieren.

Aber was kann ich tun? Anregungen

Feinfühlig sein, Verständnis zeigen!

In vielen Familien kommt das Geschwisterkind in einem recht knappen Abstand, also unter vier Jahren, häufig sogar deutlich kürzer. Das ältere Kind kann seine Gefühle noch nicht so ausdrücken wie ein Erwachsener. Es kommt nicht und sagt:“Mama, mir geht es nicht gut mit der Situation! Hilf mir!“ Es kommt haut vielleicht, beißt, schnullert, wirft mit Dingen um sich oder weint einfach (das ist bitte alles nur als Beispiel zu verstehen und muß nicht so sein!). Es tut das nicht mit böser Absicht, es kann einfach noch nicht anders um Hilfe bitten. Wir Erwachsenen sind hier diejenigen, die feinfühlig reagieren müssen, schauen, was unser Kind braucht, Hilfe anbieten. Und sei es nur, indem wir helfen, die richtigen Worte zu finden. Zum Beispiel (wie in meiner Situation oben):“Du bist jetzt wütend, weil ich gerade das Baby stille und nicht mit dir spielen kann, oder?“ … dann ist vielleicht auch noch ein bisschen Zeit fürs Kuscheln. Ein paar Worte, die deinem Kind zeigen, dass seine Gefühle gesehen werden und dass sie legitim sind (und nicht etwas böses!).

Und nein, mir hat mein Bauchgefühl damals nicht gesagt, dass das die richtige Reaktion wäre. Ich bin eigentlich sehr dafür auf das eigene Bauchgefühl zu hören, habe aber gelernt, dass auch das Bauchgefühl geschult werden muß, um in manchen Situationen das richtige Handeln vorzuschlagen.

Exklusivzeit einplanen

Das ist gerade mit Baby am Arm sehr schwierig, aber etwas, was ältere Geschwister dankbar annehmen werden. Man kann Exklusivzeit auch einfach fix einplanen, damit man im Baby-Alltag darauf nicht vergisst!

Wichtig: Papazeit

Ich habe es oben schon erwähnt: sehr oft hilft es, wenn während der Babyzeit der Papa die wichtigste Bezugsperson wird und für Mama einspringt, während sie das Baby versorgt. Ansonsten vielleicht einfach mal switchen. Auch der Papa kann das Baby herumtragen oder bei Fläschchenkindern sogar das Füttern übernehmen und Mama Vorlesen und Kuscheln.

Die Stillkiste

Ich danke Petra (grossekleinewunder) für diese wunderbare Idee. In unserem Instagram Live-Chat hat sie erzählt, dass sie für ihren älteren Sohn eine spezielle Kiste mit tollen Spielsachen hatte für die Zeit in der sie den jüngeren Bruder gestillt hat. Er durfte die Kiste immer dann (neben/bei ihr) auspacken, wenn Stillzeit war und hatte damit eine Beschäftigung neben Mama, während der Babybruder versorgt wurde.

Am Ende ist jede Familienkonstellation anders. Es gibt (leider) kein Patentrezept, weil jeder Erwachsene und jedes Kind anders reagiert und seine Sorgen und Wünsche anders ausdrückt. Meine Vorschläge kommen aus meiner eigenen Erfahrung, aus all dem, was ich in den letzten Jahren gelernt habe. Was aber immer wichtig ist: kleine Kinder haben keine kriminellen Energien, sie tun nichts aus böser Absicht heraus. Auch wenn es nicht fein ist, wenn das kleinere Geschwisterkind zum Beispiel gehaut wird, dann ist ältere Kind nicht „böse“ (Stichwort auch: Stigmatisierung! Was ihr über sie sagt, kann/wird das Selbstbild eurer Kinder prägen) Es will uns nur etwas damit sagen. Vielleicht war es aber auch sogar einfach nur neugierig oder wollte sein Geschwisterchen kennen lernen. Vielleicht war es ein Versehen. Was wir nicht dürfen, ist vorschnell urteilen, was wir sogar tun müssen, ist unseren Kindern den Raum geben, auszudrücken, wenn sie etwas bedrückt und dabei achtsam sein, dass dem kleineren Geschwisterkind nichts passiert.

Nein, es ist natürlich nicht in Ordnung, wenn man jemand anderen haut. Weder mich noch die Schwester (hier bei uns). Ich sage, dass ich nicht möchte, dass wir gegeneinander gewalttätig sind. Ich kommuniziere klar, dass ich es nicht in Ordnung finde, dass hauen keine Lösung bringt. Dabei ruhig zu bleiben ist die Kür (ich übe noch). Es ist eine Gratwanderung, jeden Tag. Es lohnt sich.

Wie geht es euch damit? War Eifersucht nach der Geburt des zweiten Babys ein Thema? Ich freue mich auf euren Input!

Alles Liebe,

Du bist wieder schwanger und weißt nicht, wie du es dem Geschwisterkind sagen sollst? Wird es traurig sein oder eifersüchtig sein auf das Baby. So war es bei uns und das kann ich euch nach drei Kindern als Tipps mitgeben. #schwangerschaft #schwanger #baby #mamablogger #mamablog #mamablogger_at #mamablogger_de #schwangerschaft