Vor einer ganzen Weile war es so weit. Baby Nummer drei hat eindeutig angezeigt: sie möchte mitessen! Und ich? Stand wieder am Anfang. Was, wie, ab wann darf so ein Baby essen? Bestimmtes Gemüse, Nudeln, Obst? Ich hatte alles vergessen.
Zugegeben, hier ist es ja bereits das dritte Baby, das Essen beginnt (und irgendwann beginnt jedes Baby damit, keine Sorge …) ich habe also in Sachen Intuition eventuell einen Startvorteil.
Beim ersten Kind war alles anders …
Fangen wir von vorne an. Bei der ältesten Tochter ging in Sachen Beikost alles fast strikt nach Plan und Empfehlung. Pünktlich zum fünfeinhalbten Monat haben wir damals mit Beikost angefangen. Sie hat mit Hingabe Brei gegessen, als hätte sie nie etwas anderes getan. Ich habe ein paar Bücher gewälzt, habe Brei selbst gekocht, bin im Hausbauchaos daran verzweifelt, hab alles in die Ecke geschmissen und dann mit unfassbar schlechtem Gewissen doch Gläschen gekauft. Gegessen wurde immer um Punkt 12 Uhr, danach Mittagsschlaf. Aus unserer Tochter ist ein gut entwickeltes, schlankes Mädchen geworden, das wirklich fast alles isst und unglaublich gerne genießt.
Beim zweiten Kind …
Wieder habe ich es mit selbst Kochen versucht. Nicht ganz dem empfohlenen Zeitplan entsprechend. Man könnte sagen, man wird schleissig mit steigender Kinderanzahl oder hat einfach mehr Bauchgefühl. Weil ich den selbst gekochten Brei nicht so fein pürieren konnte wie den gekauften, hat unsere Mais sich daran verschluckt und übergeben. Übrigens auch beim Milch trinken und sonst oft. Ich resignierte, kaufte Gläschen, sie aß. Heute isst sie alles, am liebsten Eis, Spagetti, Äpfel und Erdbeeren.
Beim dritten Kind …
Stillen ist einfach praktisch. Ich habe keine Beikostreifezeichen* überprüft. Ich hab gestillt. Sie ist beim Essen bei uns am Tisch gesessen und hat zugesehen. Irgendwann wollte sie das probieren, was ich am Teller hatte. Das war so mit fünfeinhalb oder sechs Monaten. Gekochte Karotten. Danach Erdäpfel, diverses Gemüse, Äpfel, Bananen. Sie knabberte alles an, verschluckte sich nie. Zuerst wollte sie keinen Brei. Wir haben es gelegentlich probiert. Couscous und Erbsen püriert waren der Renner. Seither mag sie Brei, aber genauso 20 Zentimeter lange Spagetti (Spaßfaktor!), halbe Äpfel, ganze Bananen, Frischkäse-Brot und halt tendenziell alles, was ich auch esse im ganzen Stück.
Essen. Selbstbestimmt. Egal ob BLW oder nicht.
Wer sich beginnt mit dem Thema Beikost zu beschäftigen, sollte berücksichtigen: die Empfehlungen der WHO sind genau das: Empfehlungen. Dein Kind MUSS nicht ab dem 5. Monat Brei essen. Es kann durchaus sein, dass es das noch gar nicht möchte oder kann. Es kann sein, dass Essen dein Kind ab diesem Zeitpunkt irgendwann interessiert. Wenn du stillst wird dein Kind mit allem versorgt, was es braucht. Die Muttermilch passt sich je nach Alter an den Bedarf deines Kindes an, damit dein Baby alles an Vitaminen und Nährstoffen bekommt, was es braucht. Aber auch, wenn dein Kind Pre-Nahrung bekommt, muß es nicht ab dem 5. Monat Brei essen! Keine Sorge, noch kein Kind hat dauerhaft Essen verweigert. Irgendwann ist Essen interessant genug und jedes Kind möchte probieren. Dein Baby ist in Sachen Nahrungsaufnahme sehr kompetent. Es weiß, wann es so weit ist. Von selbst.
Ein No-Go für mich: ich habe nie (und würde auch nicht) „Ein Löffelchen für die Mama, eines für den Papa …“ gespielt. Wenn sie mag, was ich ihr anbiete, dann isst sie es. Wenn nicht, dann eben nicht.
*“Beikostreife“ – was ist das?
Wenn du dir nicht sicher bist, ob dein Kind schon Essen möchte, kannst du anhand von fünf Beikost Reifezeichen überprüfen, Beikost – also Brei oder Fingerfood – schon eine Option ist. Gerade beim ersten Kind ist das sicherlich hilfreich.
Oft kommt die Beikostreife und damit die Fähigkeit des Darms, feste Nahrung zu verarbeiten gemeinsam mit anderen größeren Veränderungen, also neuen Fähigkeiten im Rahmen eines Entwicklungsschubes. Bist du dir nicht sicher, kannst du nach diesen fünf Anzeichen Ausschau halten:
1. Sitzen
Das aufrechte Sitzen ist eine recht wichtige Fähigkeit, die die Beikostreife anzeigen kann. Sitzen schützt zusätzlich vor Verschlucken. Passiert das nämlich, kann das Verschluckte leichter herausgewürgt oder herausgehustet werden. Zwar wirkt der Würgereflex bei Babys sehr weit vorne im Rachen, trotzdem ist es nicht empfehlenswert in einer halben Liegeposition wie etwa in einer Babywippe zu Essen, nur weil das Baby noch nicht Sitzen kann. In Schräglage passiert es viel leichter, dass Stückchen über diesen Auslösepunkt des Würgereflexes hinweg weiterbefördert werden.
2. Greifen
Gerade wenn es um Stückchen also BLW geht ist natürlich eines wichtig: dass man die Nahrung auch greifen kann. Bei Brei braucht das Kind das natürlich nicht zu tun. Will es greifen (und das will vermutlich jedes Baby) und du möchtest ihm keine Essensstückchen geben, dann versuch es doch mit einem zweiten Löffel zum selbst halten.
3. Zielgerichtet zum Mund führen
Ich denke, das ist selbsterklärend und passt zum Greifen. Gerade wenn es um BLW geht, macht verständlich: um Essen zum Mund zu bekommen, muß man es nicht nur Greifen können, sondern auch zum Mund führe können.
Die meisten Babys können nach dem vollendeten 5. Lebensmonat. Davor wird aber eine Einführung von Breikost sowieso nicht empfohlen.
4. Kaubewegungen
Macht dein Baby bereits Kaubewegungen, wenn es dich beim Essen beobachtet? Das Stadtbaby hat dann dabei auch kaum hörbar geschmatzt (sehr entzückend). Zwar brauchen die Babys gerade beim Brei die Kaubewegungen selbst nicht zum Zerkleinern des Essens (bei Fingerfood schon eher), aber durch diese Bewegung wird die Nahrung auch eingespeichelt, wodurch wichtige Enzyme aus dem Speichel unter den Brei gemischt werden.
5. Zungenstoßreflex ist verschwunden
Ganz einfache Sache: solange der Zungenstoßreflex noch vorhanden ist, wird dein Baby sowieso alle Nahrung umgehend wieder mit der Zunge aus dem Mund rausbefördern, weil es noch nicht so weit ist. Ist dein Baby bereit für feste Nahrung, wird dieser Reflex verschwunden sein.
Und wenn mein Baby trotzdem nichts isst?
Kein Streß. WIRKLICH! Die meisten Kinder beginnen irgendwann zwischen dem 6. Monat und dem 1. Lebensjahr mit Beikost, manche früher, manche später. Es heißt ja übrigens Beikost, weil es eigentlich ergänzende Nahrung zur Muttermilch (oder Pre-Nahrung) ist und nicht umgekehrt. Was ihre wichtigste Nahrungsquelle ist, sollte damit klar sein. Natürlich fragen Kinderärzte bei den vorgeschriebenen Untersuchungen ab dem 6. Monat ab, ob dein Baby Beikost isst. Das müssen sie! Bitte mach dir trotzdem keinen Streß, wenn dein Baby mit 6 Monaten noch kein Kreuzchen für „Beikost“ bekommt! Ja, das ist natürlich und verständlicherweise die Zeit, wo du dir Gedanken darüber machst und irgendwann auch Sorgen, dass dein Baby ohne Beikost nicht genug Vitamine und Nährstoffe bekommt. Wie oben bereits erwähnt: es heißt „BeiKost“ und nicht „BeiMilch“.
Wie beginne ich mit Beikost?
Entspannt am besten! Unser Stadtbaby ist von Geburt an mit dem STOKKE Newborn Aufstatz bei uns bei Tisch gesessen beim Essen (ok, oder an meiner Brust gehangen, weil sie natürlich genau Hunger bekommt, wenn ich esse. Klarer Fall.). Irgendwann hat sie begonnen, sich in der Schale aufzurichten und wollte alles vom Tisch grabschen, was in ihrer Nähe war und hat es auch in den Mund gestopft und eingespeichelt.
Irgendwann habe ich begonnen, ihr Brei zu geben – und sie wollte ihn … NICHT. Da saß sie dann neben mir und kaute hingebungsvoll an allem möglichen herum: Brot, Banane, Paprika …. und mit 7 oder Monaten plötzlich, als hätte sie plötzlich der große Hunger gepackt, hat sie Brei gegessen. Mit acht Monaten hat sie ein Stückchen Banane (oder anderes Obst) zum Frühstück gegessen, Brei zu Mittag, Obststücke zur Jause mit den anderen Mädels, Brei (manchmal mit Mandelmilch) und Obst oder einfach Obststücke zum Abendessen und dazwischen (oder auch danach wie beim Frühstück) wird sie nach Bedarf gestillt. Flaschen verweigerte sie zu Beginn in jeder Form. Mittlerweile ist mit 10 Monaten eine Trinkflasche mit weichem Trinkaufsatz interessant.
Wir haben immer wieder probiert, was sie möchte, haben ihr von uns gegeben, wenn sie darum gebeten hat. Es war ein Austesten, wieder versuchen, streckenweise fast nur Stillen. Ich habe nachgefühlt, was sie braucht und mein Angebot angepasst. Ich glaube, das ist das wichtigste – versuchen zu interpretieren, was mein Kind braucht. Einen festen Plan zu haben macht für mich weniger Sinn, denn der kann vom nächsten Schnupfen durch völlige Appetitlosigkeit wieder durcheinandergewirbelt werde .
Brei vs. BLW? Kein Kampf aber ein Argument.
Ob du deinem Baby Brei anbietest oder es mit BLW (Baby Lead Weaning, also altersgerechte unpürrierte Beikost in Stückchen) probierst, liegt an deinem Baby und natürlich auch an dir und deiner Einstellung dazu. Manche Babys mögen Brei einfach nicht, andere dagegen lieben ihn. Was aber ein No-Go ist, ist das Baby dazu zu überreden oder zu „zwingen“ Brei zu essen. Wenn es bereit dazu ist, wird es das von selbst tun und den Mund weit aufreißen vor Neugierde, wie der Brei schmeckt, sich seine Konsistenz auf der Zunge zergehen zu lassen, ihn einzuspeicheln und Spaß daran haben.
Eines kann ich nach drei Kindern sicher sagen: Den meisten Spaß und Genuss hatten meine Damen, wenn sie ihr Essen selbst Angreifen, Befühlen, zum Mund führen, Ablutschen, Einspeicheln, Zerquetschen und Essen durften, wenn sie bereit dazu waren. Um das zu verstehen, müssen wir es nur mal selbst probieren: Essen in die Hand nehmen, Befühlen, Riechen, Anbeissen, … Und im Vergleich dann mit dem Löffel gefüttert werden. Das Tempo und Timing ist dabei weniger selbstbestimmt und das Essen kommt bereits püriert.
Wichtig zu wissen: es fehlt deinem Baby an nichts und es bekommt auch nicht zu wenig zu Essen, wenn es nur Stückchen isst. Babys können instinktiv noch selbst sehr gut einschätzen, wie viel sie brauchen und wann sie satt sind und in Kombinatin mit Stillen oder Pre-Nahrung ist ein Baby gut versorgt.
Ich hoffe, ihr habt einen entspannten Beikoststart. Macht langsam, kein Streß! Unter normalen Bedingungen wird kein Baby hier bei uns vor dem vollen Teller verhungern 😉
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