Als Mutter kann man bei einer Zweieinhalbjährigen manchmal einfach so gar nichts richtig machen. Außer natürlich man würde permanent machen, was sie sich wünscht. Geht natürlich nicht, also nicht prinzipiell und deshalb lief das heute so …
Wir stehen vor Omas Wohnhaus. Ich stecke den Schlüssel ins Schloss. Geschrei. Ich darf nicht aufsperren. Das Kleine Fräulein will selbst die Türe öffnen. Irrelevant, dass man dafür auch aufsperren müsste. Da kommt Oma schon aus dem Aufzug. Ich:“Oh guck mal, da kommt Oma schon. Dann brauchen wir gar nicht aufsperren!“ Slapstick pur. Oma macht von innen die Türe auf. Das kleine Fräulein heult auf, wirft sich ihr durch die Tür vor die Füße und landet am Fußabtreter. Oma schaut verblüfft. So eine Begrüßung hat sie nicht erwartet. Ich, tunlichst sehr empört:“Wie kannst du es nur wagen, diese Türe zu öffnen…“ Das kleine Fräulein schlägt noch einmal demonstrativ mit dem Bein auf den Boden. Ja, wie kann Oma nur …
Frühmorgens um Sieben
Anziehen. Das kleine Fräulein will selbst aussuchen. Durchatmen und Geduld. Nach rund fünf Minuten beginne ich, ihr Vorschläge zu machen. Man will ja schließlich auch irgendwann einmal damit fertig zu werden. „Diese Unterhose?“. „Nein“. „Diese?“. „Nein!“. „Die mit den Mäusen?“. „Neeeeeeeein!“. „Aber schau die mit den Snoopies ist toll!“ „Neeeeeeeeeeeeeein!“. Ok. Kurze Pause. Die nächste Unterhose wird glücklicherweise akzeptiert. Selbes Spiel mit dem Unterleiberl. Dieser blöde Zwiebellook im Winter kann ganz schön nerven. Weiter zum Oberteil.
Frühmorgens um kurz nach Sieben
Ich versuche einen Trick:“Du suchst das Leiberl aus und ich die Hose. Ok?“ Akzeptiert. Es wird tief in die Lade gegriffen und einmal umgerührt. Uaaaaaaah! Alles zerknüllt. Egal. Nach fünf Minuten beginne ich wieder Vorschläge zu machen. Fünf Shirts später haben wir endlich eines, welches aber auch nur deshalb angezogen wird, weil es von ihrer Cousine ist. Kleiner Trick meinerseits. „Das Kleid/Leiberl/ …. usw. von S. magst du doch, oder?“ Funktioniert fast immer. Egal woher das Teil tatsächlich stammt.
Bei den Socken kommt es dann zum Eklat. Socken aussuchen und selbst anziehen. Funktioniert gut, helfen darf ich eh nicht. Nur, dass sie Socken meines kleinen Monks haargenau sitzen müssen (Ferse auf Ferse, Naht vorne genau auf den Zehen). Sonst wird sie zornig. Täglich. Mehr zum Strumpfdrama lest ihr HIER.
Frühmorgens um halb Acht
Ein paar Tränen später will das kleine Fräulein Saft. Aber es findet sich einfach nicht die richtige Flasche (die ichweißwiedermalnichtwo liegt). Wir nehmen eine andere. Nein, die darf es nicht sein. Ich suche noch eine andere. Passt. Selbst einschenken natürlich. Sie Saft, ich Wasser dazu. Als ich fertig bin, kommt sie drauf, dass sie doch gerne selbst Wasser eingeschenkt hätte. Wieder Tränen. Die Flasche fliegt durch den Raum. „10, 9, 8, ….“ Wenn ich es wirklich schaffe zu Zählen anstatt sie anzumotzen, wie unnötig das jetzt war, ist es gut gelaufen …. „Dann halt kein Saft …“. Die Flasche bleibt am Küchentisch stehen. Autonomiephase Deluxe.
Frühmorgens um Neune
So, das lässt sich nun beliebig fortsetzten. Sobald wir das Haus verlassen, ist die Welt wieder halbwegs in Ordnung. Davor gibt es aber meistens noch die Jacken- und Hauben-Diskussion, bei der manchmal die Jacke durch den halben Raum fliegt und sich meine Tochter fast am Schal erwürgt, den sie sich wieder vom Leib reißen möchte. Bis ich die Gummistiefel vor ein paar Tagen versteckt hatte, gab es auch da noch Diskussionsbedarf. Aber seit sie ausser Sichtweite sind, werden ihre normalen Stiefel akzeptiert.
Na dann: Gute Nacht
Bis der Tag vorbei ist, hat es unzählige solcher für mich und sicherlich auch für sie anstrengenden Interaktionen gegeben. Mama oder Papa schaffen es ja nämlich auch nicht, den richtigen Pyjama rauszulegen. Dann ist da noch die Sache mit dem Anziehen, Trinken, Klo Gehen und Zähne putzen. Ganz zu Schweigen davon, dass das kleine Fräulein mindestens 10 Mal ins Wohnzimmer kommen muss und am liebsten im Dunkeln in ihrem Bett herumstrampelt (weil die Decke schlecht liegt) sowie lautstark singt und mit ihrer Puppe brüllt, bevor sie einschläft. Die Arme Puppe ist sonst bald taub, wir auch.
So, wie beende ich so einen Artikel nun? Keine Ahnung. Auf keinen Fall mit einem „Was soll ich nur tun?“ – Ich weiß ja, es ist nur eine Phase. Aber vielleicht mit der Feststellung meiner Mutter auf die Frage, ob ich auch so extrem reagiert habeals Kind:“Nein, ich glaube nicht. Aber selbst wenn, man kann sich an so etwas nicht mehr erinnern …“ Ach wie schön. Und sehr beruhigend. Daran will ich sowieso keine Gehirnspeicherkapazität verschwenden. Gut, dass wir so programmiert sind…
Endloser Respekt und Bewunderung für deine Geduld! *bow*
Das steht mir noch bevor!
Sabine, ich habe viel weniger Geduld, als das hier vermittelt 😉 Sabine Pecharda, muß nicht sein. Nicht alle Kinder sind da so extrem, das sehe ich bei den gleichaltrigen Freunden von ihr. Meine Mama behauptet ja auch, ich war nicht sooooo enorm dickköpfig und zickig.
super geschrieben!!
die kleidungsdiskussionen hatten wir auch eine zeitlang…und in der früh hat man echt selten nerven dafür.wir haben uns angewöhnt,das gewand schon am abend rauszulegen,dann muß nur noch schnell angezogen werden,was daliegt….funktioniert mittlerweile prima…zumindest bei sara,jonas tauscht durchaus aus,weil’s grad nicht cool genug ist,was mama ausgesucht hat 😉 …es hält sich aber in grenzen,weil,dann hat er halt das andere shirt an.
wo er nur absolut seinen willen hat,ist beim jackeanziehern.im september wollte er so gut wie gar nicht…und ich hab ihn dann auch lassen.wir haben sie mitgenommen und ich hab drauf vertraut,daß er sie schon anziehen wird,wenn ihm kalt wird.war ihm aber nie,weshalb meine zwei auch die einzigen waren,die ende september kurzärmlig am spielplatz waren.und nix ist geschehen,nix krank,nix sterbend 😉
was ich durch sara am meisten gelernt habe,je weniger ich auf das wüten eingehe und zum diskutieren anfange,umso besser läuft’s.wenn jonas nun tobt,dann hol ich ihn manchmal einfach nur aus der situation raus und kuschel mich mit ihm aufs sofa.geht natürlich nur zu hause und auch da nicht immer…
durchhalten heißt’s wohl…und bei sara halten wir noch immer durch.seltener zwar,allerdings manchmal durchaus noch sehr heftig…
Nadja, ja, du hast recht. Ich finde es immer wieder ganz erstaunlich zu beobachten, wie sich solche Situationen bei anderen Kindern in ihrem Alter 1:1 wiederholen. Und im Supermarkt habe ich schon einmal einen anerkennenden Lacherunterdrücken müssen, als sie das gemacht hat. (habe es dann doch nicht ganz für die richtige Reaktion gehalten, zu Lachen. Auch, wenn ich die „Show“ fast bühnenreif gefunden habe). @Sonja, witzig, dass du das erwähnst. Das mit dem Gewand am Abend vorher rauslegen habe ich heute Früh probiert und es hat wirklich erstaunlich gut funktioniert. Ich würde sagen, es gng um rund 50 Prozent schneller als sonst. Und zornfreier ..
Oh liebe Judith,
könnte eine Geschichte aus meinem Leben sein (übrigens super geschrieben). Was mir nur auffällt bei meinen Kindern, wenn ich am Limit bin, wird es noch ärger und wenn ich zuviel mit dem Glücksbaby abhänge wird’s beim großen auch ärger. War übrigens schonmal gut, dann kommen wieder Phasen…ich finde die Unberechenbarkeit ist am ärgsten.
Auf jeden Fall wünsch ich dir Nerven aus Stahl!
Bis bald
Birgit
Danke liebe Birgit, die brauch ich bestimmt noch (du doch auch, oder?) Und ja, so ist es bei uns auch. Man weiß nie so genau, wann es wieder ausbricht … Oh, da fällt mir auf: Sogar ein Vulkanausbruch ist berechenbarer als so ein Kleinkind …
[…] weiter wollte und sie getrödelt hat …” Mein Kind bringt mich ja derzeit öfter mal an meine Grenzen. Und ich gebe jedes Mal mein bestes, den Konflikt für uns beide zurfriedenstellend zu lösen. […]
[…] „Ich will alles. Nur nicht das, was du willst“ habe ich vor einem Jahr schon einmal gebloggt. Liebe Babymamas, vergesst es. Es ist keine Phase. Zumindest keine die jemals aufhört. Wir stecken schon wieder, noch immer und vermutlich noch viel länger mitten drin. […]